Dienstag ist Kinotag, und da der Schatz und ich ohnehin die Berliner City stürmen mussten, haben wir unser vergessenes Vorhaben die fünfte HP Verfilmung „Harry Potter und der Orden des Phönix“ anzusehen, doch noch in die Tat umgesetzt. Im Nachhinein hätten wir es uns auch sparen können, aber der Reihe nach…:
Zuerst war ich positiv überrascht. Die Eröffnung des Films hat mir sehr gefallen, der Dursley-Teil wurde kurz gehalten und tatsächlich auf das Wichtigste beschränkt. Leider hat man die Optik der Dementoren geändert und ich empfand die neuen als weniger unheimlich. Trotzdem machte der Beginn einen guten Eindruck auf mich und schürte die Hoffnung, dass die Handlung diesmal weniger bruchstückhaft ablaufen würde, als besonders in den letzten beiden Harry Potter Verfilmungen.
Mit der Zeit stellte ich fest, dass ich mich geirrt hatte. Ich sah regelmässig auf die Uhr. Mir kam der Film unsagbar laaaaang[weilig] vor. Nett anzusehen, aber absolut gehaltlos. Wenn Unterhaltungen zwischen den Charakteren stattfanden, empfand ich diese als falsche Auswahl aus den Original Buch-Gesprächen und fühlte mich durchweg gezwungen, sie mit „blablabla“ zu kommentieren. Die Haupthandlung war zwar gut ausgewählt, wurde jedoch durch den Subplot falsch belegt. Es wollte sich mir einfach kein stimmiges Bild präsentieren.
Im Gegensatz zu Teil 3 „Der Gefangene von Askaban“ und 4 „Der Feuerkelch„, die man vermutlich ohne Kenntnis des Buches als unlogisch und unzusammenhängend empfinden musste, hatte Teil 5 zwar einen roten Faden, der nachvollziehbar war und den Film zumindest flüssig weiterführte ohne im Plot hin und her zu springen, aber dennoch bleibt wirklich Wichtiges und essentieller Hintergrund auf der Strecke. Zum Beispiel, und das ist sicher das größte Versäumnis von Allen, wurde mit keinem Wort erwähnt, warum Voldemort überhaupt so scharf auf die Prophezeiung ist.
Nachdem der Film am Anfang von der Storykürzung her wirklich gelungen war, hatte ich im weiteren Verlauf zunehmend das Gefühl dem Drechbuchautor [Michael Goldenberg] wäre mit der Zeit die Lust vergangen, und er hätte sich in seinem Ablauf verzettelt.
Gegen Ende hoffte ich nur noch bald den Abspann zu sehen. Ich hatte das Gefühl fünf Stunden im Kino gesessen zu haben, ich war müde und gelangweilt. Das Ende des Films war zwar optisch bombastisch, aber auch hier fehlte einfach unendlich viel an wichtiger Handlung. Sirius starb unter dem falschen Fluch, Harry wollte ihn „mal kurz rächen“, dann wars anscheinend auch schon vorbei. Das obligatorische Harry-Dumbledore-Gespräch am Schuljahresende beschränkte sich auf einen[!!] Satz [im Buch ist es das längste, offenste, wichtigste und deutlichste Gespräch, was die beiden bis zu diesem Zeitpunkt je miteinander geführt haben!] und dann führt Harry die Schüler in Richtung Bahnhof. Juchu, ich darf nun gehen!
Zum Thema Besetzung fiel mir auf, dass „Harry“ Daniel Radcliffe, den ich von Anfang an für eine talentfreie Fehlbesetzung hielt, nun zum ersten mal eine Verbesserung seiner „Schauspielkunst“ aufwies. Nachdem ich in den ersten vier Filmen keinerlei Steigerung bemerken konnte, wirkte diesmal seine Mimik abwechslungsreicher und weniger verkrampft. Ich wage zu behaupten, sogar den ein oder anderen neuen Gesichtsausdruck entdeckt zu haben. Allerdings ist er nun einfach schon zu alt für diese Rolle. Sein Körperbau wird zunehmend männlicher, was ihn – wie ich finde – einfach unpassend erscheinen lässt.
Ron [Rupert Grint] und Hermine [Emma Watson] zeigten eine wie gewohnt gute Leistung, doch verkamen sie in diesem Teil der Potter-Serie leider zu beinahe unwichtigen Randfiguren.
Neu dabei und als grandios gespielt empfand ich Evanna Lynch aka Luna Lovegood, die mir optisch zwar zu sehr eine Malfoy-Tochter hätte sein können, aber ansonsten genauso spleenig rüberkommt, wie sie im Buch dargestellt wird. Phantastisch!
Leider zu kurze Auftritte: Nymphadora Tonks und Bellatrix Lestrange, die beide perfekt besetzt wurden. Auch die widerliche neue Lehrerin Dolores Umbridge kann absolut überzeugen, wenn ich im Film auch nicht diese Anwandlungen von Hass verspürt habe, die ich ihr im Buch entgegen gebracht habe. Ich habe ihr Räuspern vermisst, was jedoch durch ein eklig kindisches Kichern ersetzt worden ist. Ihr „Gehilfe“, Hausmeister Filch, gewinnt im Orden des Phönix ein wenig an Bedeutung, und sein Auftritt, wie er Sandwich essend vor dem DA-Raum sitzt, war einfach köstlich.
Ebenfalls positiv ist mir Hagrids Bruder Grawp aufgefallen. Gut, diesen Handlungsstrang hätte man sich vermutlich sparen können, doch war der Riese gleichermaßen erschreckend wie niedlich und bemitleidenswert.
Im Gegensatz dazu kam der immer noch durch Alan Rickman perfekt verköperte Severus Snape mal wieder zu kurz. Auch Minerva McGonagall, die im Buch einen tapferen Kleinkrieg gegen Umbridge führt, hat mir persönlich etwas gefehlt.
Ebenfalls schade, dass die älteren Weasley Brüder nicht einmal kurz zu sehen waren, ganz zu schweigen von dem Schnitzer, dass Percy bei Dumbledores Verhaftung ohne einleitendes Wort einfach auf Seiten des Ministers steht. Welcher Nicht-Leser konnte das nachvollziehen?
Was mir noch positiv aufgefallen ist: Endlich mal kein Quidditch! Damit sind vermutlich auch die „fehlenden“ 45 Minuten überlänge zu erklären. Was ich an den Verfilmungen immer bemängelt habe war, dass fast alle lustigen Sprüche und liebevollen Begebenheiten aus den Büchern, die den unglaublichen Charme des Harry Potter Universums ausmachen im Film schlichtweg fehlten. Im „Orden des Phönix“ hat man sich Mühe gegeben, diese zu übernehmen, es wurden sogar noch ein paar zusätzliche Dinge eingebaut, die mir im Vergleich zu den „Witzen“ im „Feuerkelch“ nicht als gezwungen aufgestoßen sind. Ebenfalls gut fand ich, dass der Fim diesmal mit FSK 12 versehen wurde. Das war schon seit dem ersten Teil längst überfällig.
Dagegen Negativ: Das was HP 5 ausmacht, Harrys Stimmungsschwankungen, seine Wut auf Alles und Jeden, kam überhaupt nicht rüber. Im Gegenteil, ich empfand Harry in diesem Teil als viel fröhlicher als zuvor. Auch sein Leid nach Sirius Tod wurde irgendwie weggelassen. Lediglich als Lupin Harry festhalten muss, damit dieser Sirius nicht durch den Spiegel hinterherstürzt und sein kurzer Angriff auf Bellatrix lassen dies erahnen.
Harrys Liebesgeschichte mit Cho hätte man sich sparen können, da sie kaum nachzuvollziehen und schon wieder vorbei war, ehe es richtig angefangen hat.
Weiterhin kam das Ministerium viel zu kurz. Zumidest schade war, dass es dort nur den Schleier und den Raum der Prophezeiungen gab. Dieser jedoch sah bombastisch aus, erst recht, als die Kugeln zu fallen begannen…
Auch das Fehlen wichtiger Handlungselemente kann ich nicht verzeihen, z.B. Kreachers Verrat, und auch der Abschied von Fred und George am Prüfungstag ist nicht nachvollziehbar.
Was den Ton angeht… von einem Soundtrack war diesmal so gut wie nichts zu hören. Man sagt zwar, BGM sei dann gut, wenn sie nicht auffällt, aber ich steh nun mal auf OSTs und empfand den Film als etwas… still. Passend dazu möchte ich endlich mal loswerden: wenn ich noch einmal „VoldemorTTTT“ höre, dann raste ich aus. Was ist an einem stummen T so schwer? Bitte…!
Ebenfalls unverständlich ist, weiso keiner der Potter-Regisseure das schafft, wozu andere anscheined spielend in der Lage sind? Man stelle den Hauptcharakter in eine Menschenmenge, irgendwo, und trotzdem entdeckt man ihn auf Anhieb. Bei den HP Verfilmungen scheint man dies nicht zu können, Harry muss immer an der Spitze einer Gruppe gehen oder stehen, dazu noch mittig. Das wirkt unendlich künstlich und widerspricht allem, was in den Romanen passiert.
Fazit: Ich frage mich mit jedem Film erneut, warum ich mir die Potter Filme überhaupt antue. Es war mal wieder eine nette Kurzzusammenfassug des Buches, aber mehr auch nicht. Diesmal einerseits gelungener als in den vorausgegangenen Filmen, was wohl überwiegend daran liegt, dass das Buch weniger relevanten Inhalt enthiel und selbst im Vergleich zu den anderen Bänden etwas aufgeblasen wirkte, andererseits viel langweiliger. Ich möchte nicht bemängeln dass gekürzt wurde, nur wie gekürzt wurde. Wer das Buch gelesen hat wird damit klarkommen. Wer es nicht gelesen hat, wird diesmal vielleicht keine Logikprobleme haben, aber wirklich verstehen wird er die Handlung trotzdem nicht. Erst recht wird sie dem Nicht-Leser kein stimmiges Bild abliefern. Wer die Bücher nicht kennt wird jedoch das Glück haben, dass er den Film nicht als so schlecht empfinden kann wie er ist, aber dafür auch nie wirklich verstehen, was „Harry Potter“ eigentlich ausmacht.
Mein Fazit:
Bisher der langweiligste aller HP-Filme. Die Punkte gibts für das optisch phantastische Set und die größtenteils sehr guten Darsteller. Ich vermisse so sehr den Charme der Bücher!
"Luna" mit "U"!!! Tut mir leid aber im Buch war es einfach zu wichtig, sodass ich es jetzt anmerken muss ;)
Aber ich pflichte bei – grandiose Besetzung, wenn auch nicht wirklich gespielt (das Lynch-Mädel ist wirklich so! :D )…