Schreiben und Pläne und zwanghafter Perfektionismus

Ich hatte einen wunderbaren Plan. Bis Ende Dezember 2022 sollte mein erster Band von FoT vorerst abgehakt sein. Ich musste (zwangsläufig … Win7 und Office 2013 *husthust*) bis dahin meinen PC auf einen aktuellen Stand bringen, und wollte sowohl das FFCorner als auch die Autorenwebseite fertig designt und neu strukturiert haben. Dann wäre im Januar Zeit für eine entspannte Woche Urlaub, in der ich mich Crisis Core Reunion widmen würde, und wäre spätestens ab dem 9. Januar so weit, den zweiten FoT Band in Angriff zu nehmen.

Soviel zur Theorie.

Jetzt ist es beinahe Mitte Februar. Die Autorenwebseite hat – wie man sieht – noch immer kein fertiges Design. Über die Umstrukturierung brauchen wir gar nicht erst reden. Mal schauen, wann ich das in Angriff nehme. Die Seite funktioniert – das reicht mir für den Moment.
Mit Crisis Core bin ich zwar durch, aber ein bisschen Webseitencontent wollte ich dazu ja ebenfalls produzieren. Damit habe ich begonnen, aber fertig ist noch nichts. Viele der Artikel sind so ineinander verzahnt, dass es einfach viel Arbeit für „mal eben“ bedeutet. Auch meine Screenshots habe ich noch nicht sortiert.

Und das Schreiben?
Laut meinen Aufzeichnungen (ja, ich halte nach, wann ich wie viel geschrieben habe, damit ich mich am Jahresende nicht dem Gefühl hingeben kann, gar nichts geschafft zu haben) konnte ich mir in diesem Jahr an genau sechs(!) Tagen Schreibzeit einrichten. 6 Tage von 42. Ein Siebtel! Das ist nicht zufriedenstellend. Aber da ich ja „nebenbei“ auch noch andere Dinge zu tun habe und vieles von meiner „bis-Jahresende-To-Do-Liste“ viel aufwändiger war, als ursprünglich gedacht, war dieser Aufschub trotzdem irgendwie okay.

Viel problematischer: In diesen sechs Tagen wuchs Band Zwei um mickrige 200 Wörter. Zweihundert! In sechs Tagen!
Es ist so unfassbar frustrierend.

Okay, die ersten Tage waren Planungstage. Diejenigen von Euch, die schon länger mitlesen, wissen: Ich bin kein Plotter. Ich habe meist eine Grundidee im Kopf, eine Ahnung, wohin alles führen könnte, vielleicht eine spezielle Szene, und platziere dafür meine Figurenideen in einen nahezu leeren Raum. Dann schaue ich, was passiert. Im Grunde folge ich den Charakteren, lerne sie kennen, sehe ihnen beim Wachsen zu, und staune über die Entscheidungen, die sie fällen. Manchmal behalten sie meinen angedachten Weg bei, manchmal verändern sie ihn und zwingen mich, meinen Ursprung zu hinterfragen und neu zu überlegen, wohin die Reise gehen könnte.

Lex und Fate haben mir tiefgreifende Veränderungen aufgezwungen. Sie haben meine komplette Prämisse über den Haufen geworfen und mein Finale sabotiert. Daher wurde alles viel tiefer und komplexer, als anfangs gedacht. Natürlich wusste ich, dass ich auf Abschnitte stoßen würde, die in meinem Kopf so vage sind, dass sie ein bisschen Denkarbeit benötigen würden. Meine ersten Schreibsitzungen dieses Jahres habe ich also mit Überlegungen rund um die grobe Struktur, bzw. um die große Lücke in Band 2 verbracht. Habe geschaut, welche Charaktere wann und wo zusammentreffen, welche Ziele hier kollidieren, welche Backgrounds vorhanden sind und wie das alles unter einen Hut zu bekommen ist, wenn am Ende XY dabei herauskommen soll. Nachdem ich meine offenen Fragen – zumindest in der Theorie – für mich logisch beantworten konnte, habe ich einen weiteren Tag damit verbracht, mir den bereits bestehenden Text des zweiten Teils anzusehen, um wieder reinzukommen und die Erinnerung an die neuen Charaktere aufzufrischen. Und seitdem?
Nichts.

Seit drei Tagen sitze ich wie eine Besessene an diesen ersten Seiten und ver(schlimm)bessere sie.
Das gefällt mir so nicht. Moment, wenn das passiert ist, habe ich das in Band 1 berücksichtigt? Da sind so viele neue NPC, vielleicht sollte ich einigen von ihnen schon jetzt ein bisschen mehr Kontur geben? Hach, aber das stört die Handlung. Ich lass es lieber erstmal weg. Nagut, vielleicht einen Halbsatz hier und einen da. Oder nein, doch lieber ohne. Wobei die Beschreibung so schlecht nicht war. Oder? Aber wenn ich Person X nun beschrieben habe, dann müsste ich mich auch Person Y widmen, die ist viel wichtiger. Hm, das war jetzt aber unelegant, das kann ich besser. Ach Mensch, aber ich kann doch jetzt keine 10 Leute einzeln vorstellen.

Ungefähr so sieht das in meinem Kopf aus. Stundenlang. Ich schreibe einen Satz und lösche ihn wieder. Schreibe ihn um. Lösche ihn. Ich schreibe den ersten Satz wieder hin. Kombiniere beide Ideen. Lösche alles. … Statt diesen unwichtigen Kleinmist einfach liegen zu lassen und inhaltlich voranzukommen.

Ich weiß nicht mehr, wo ich es gehört oder gelesen habe, ich glaube, es war Doktor K. (Healthy Gamer)? „Das Schlimme am Perfektionismus ist, dass man der Perfektion erst näher kommt, wenn man den Gedanken an sie loslässt.“
So oder so ähnlich.

Und ich sehe die Richtigkeit dieses Gedankens. Ich weiß, dass ich aufhören muss, mich an solchen Kleinigkeiten festzubeißen. Ich weiß sowieso, dass ich am besten schreibe, wenn ich weniger nachdenke, weniger analysiere und weniger an starre Regeln und Schubladen denke. Mein Schreiben besteht ganz viel aus dem Erfühlen und Erspüren des richtigen Weges. Und wenn ich es zulassen kann, dann kann ich zu Ergebnissen kommen, die ich sogar selbst an einem gewissen Punkt akzeptieren kann.
Aber diesen Schritt zu wagen und wirklich loszulassen … so richtig habe ich das nie geschafft.

Ich kann mich in Maßen von gewissen Dingen lösen. Ich habe zwischenzeitlich gelernt, kleine Fragen offen zu lassen, Textabschnitte als „unperfekt“ ruhen zu lassen, um am Ende zu ihnen zurückzukehren. Und es ist mir bewusst, dass ich langsamer bin als so viele andere Schreibende. Dass ich die Gedanken daran aber ausblenden muss, mich nicht vergleichen darf, wenn ich weiter vorankommen will.

Ich weiß all das. Und kann es trotzdem nicht immer. Jeden Tag ist der erste Schritt ins Unbekannte an so viele Ängste gekoppelt. An das nicht gut genug sein, die Frage nach dem Warum und Wofür. Aber das ist ein Thema für sich.

Und so kämpfe ich mich jeden Tag zurück in einen Zustand, in dem ich überhaupt arbeiten kann, ehe ich weiterschreiben kann. Muss mit der Frustration zurechtkommen, die entsteht, weil ich wieder nicht über den Punkt hinaus gekommen bin, an dem ich schon war. Muss all diese Fragen und Dinge ausblenden, die mit jedem neuen Wort auf dem Papier entstehen.

Meine liebe Su fragte so richtig: Was wäre die Alternative?
Die Antwort darauf lautet: Es nicht zu tun. Aber – nicht zu schreiben ist keine Option.
Das muss ich mir nicht einmal mehr vor Augen halten, ich weiß, dass ich gar nichts anderes mehr tun will. Nichts anderes tun kann.

Also sitze ich auch morgen wieder hier. Brauche Stunden, wo andere Minuten benötigen. Und weiß tief in mir drin: Am Ende wird es das wert gewesen sein. Das Hinterfragen gehört zu Prozess. Es wäre nicht, was es ist, wenn es vom Himmel fiele.

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